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1. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 40

1912 - Breslau : Hirt
40 Iii. Das Deutsche Reich. fünf Jahren betragen. — Die Haft besteht in einfacher Entziehung der Freiheit und wird auf höchstens sechs Wochen verhängt. — Die Festungs- haft (eustoäia konesta) ist mit den geringsten Beschränkungen der persön- lichen Freiheit verbunden. 3. Geldstrafen, die im Falle des Unvermögens in Freiheitsstrafen umgewandelt werden. 4. Verweise können in leichten Füllen gegen jugendliche Personen ausgesprochen werden. 5. Auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder wenigstens Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter kann neben der Todesstrafe und erheblichen Freiheitsstrafen erkannt werden. 6. Stellung unter Polizeiaufsicht und Ausweisung von Aus- ländern sind als Nebenstrafen zulässig. Auch eine einheitliche Gerichtsverfassung hat uns das Deutsche Reich gebracht. Im Mittelalter war der König der oberste Gerichtsherr, in dessen Auftrag die Grafen Recht sprachen. Der König umgab sich mit einem Hofgericht, doch die Landesfürsten suchten eine selbständige Ge- richtsbarkeit auszubilden. Durch die sogenannte Goldene Bulle Kaiser Karls Iv. erhielten 1356 die Kurfürsten die höchste Gerichtsbarkeit; Maximilian I. setzte 1495 auf den Wunsch der Reichsstände das Reichs- kammergericht ein, das zuletzt in Wetzlar seinen Sitz hatte, aber durch die Ver- schleppung der Prozesse sich berüchtigt machte. In Brandenburg begründete Kurfürst Joachim I. 1516 das kurfürstliche Kammergericht. Man klagte nur zu oft über Kabinettsjustiz, d. h. über Eingriffe des Fürsten in die richterliche Tätigkeit, von denen sich selbst Friedrich der Große, freilich in bester Absicht, nicht freihielt (Müller Arnoldscher Prozeß). Das Gerichts- verfassungsgesetz bestimmte deshalb, daß die richterliche Gewalt im Namen des Landesherrn durch miabhängige, keiner anderen Autorität als der des Gesetzes unterworfene Gerichte ausgeübt werden solle. Die Richter werden vom Landesherrn auf Lebenszeit ernannt. Die Befähigung zum Richteramt muß durch zwei Staatsprüfungen erwiesen werden. Auch die Staats- anwälte, denen die öffentliche Anklage und die Strafvollstreckung zufällt, und die Rechtsanwälte, die den Angeklagten zur Seite stehen, müssen zum Richteramte befähigt sein. Neben den Berufsrichtern sind auch Laien zur Rechtsprechung als Schöffen, Geschworene, Schiedsmäuner, Handels- und Gewerberichter herangezogen worden. Die Gerichte zerfallen in Amtsgerichte, Landgerichte und Ober- landesgerichte; das Oberlandesgericht in Berlin ist das Kammer- gericht, das als der höchste preußische Gerichtshof gilt. Das oberste deutsche Gericht ist das Reichsgericht in Leipzig. Den Amtsgerichten stehen Einzelrichter vor; bei größeren Amtsgerichten werden die Geschäfte unter die verschiedenen Richter verteilt. An der Spitze der Landgerichte steht je ein Präsident; sie zerfallen in Zivil- und Strafkammern, die von

2. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 45

1912 - Breslau : Hirt
15. Die soziale Gesetzgebung. 45 dem Unternehmer zur Last fallende Erhöhung des Krankengeldes von y2 ans 2/3 des durchschnittlichen Tagelohnes ein. Außer den Kosten der Heilung wird dem Verletzten eine Rente gewährt, die bei völliger Hilf- losigkeit dem vollen Jahresverdienst gleichkommt und sich im übrigen nach dem Grade der Erwerbsunfähigkeit abstuft; bei völliger Erwerbsunfähig- keit beträgt sie 2/3 des Jahresverdienstes; an ihre Stelle kann freie Ver- pflegung in einer Heilanstalt treten. Im Falle der Tötung wird den Hinterbliebenen als Sterbegeld V15 des Jahresverdienstes, jedoch mindestens 50 Mark und eine Rente gewährt, die für die Witwe ein Fünftel und für jedes Kind unter 15 Jahren ein weiteres Fünftel, jedoch im ganzen nicht mehr als drei Fünftel des Jahresverdienstes beträgt. Auch Ver- wandte in aufsteigender oder absteigender Linie, die der Verstorbene unter- hielt, erhalten ein Fünftel des Jahresverdienstes. Die Kosten der Unfall- versicherung werden durch jährliche Umlagen auf die Mitglieder der Bernfs- genossenschaft im Verhältnis der in ihren Betrieben verdienten Gehälter und Löhne und der festgesetzten Gefahrentarife aufgebracht. Für solche Genossenschaften, die leistungsunfähig werden, tritt das Reich ein. Zn der gewerblichen Unfallversicherung ist eine landwirtschaftliche und See- unfallversicherung getreten. Die Unfallversicherung, in der (die Doppel- versicherungen abgerechnet) beinahe 23 Millionen Menschen versichert waren, versorgte im Jahre 1910 mehr als 1 Million Verletzte, dazu 82000 Witwen und über 100000 Kinder mit einem Aufwand von mehr als 164 Millionen Mark. Von 1885 bis 1909 haben die Arbeitgeber mehr als 2 Milliarden an Beitrügen aufgebracht. Das vorhandene Vermögen betrug im Jahre 1909 beinahe 511 Millionen Mark. Die Invalidenversicherung ist notwendig, da die Kranken- und Unfallversicherung nur einen Teil der dem Arbeiter drohenden Notstände beseitigen. Für Erwerbsunfähigkeit, die durch Krüfteabnahme infolge von Siechtum, Gebrechen oder hohem Alter verursacht wird, bieten sie keine Hilfe. Diesen Notständen wird durch die Invalidenversicherung abgeholfen. Sie umfaßt alle männlichen und weiblichen Lohnarbeiter, Gesellen, Lehr- linge, Dienstboten und Schiffer vom 16. Lebensjahre ab sowie alle gegen Entgelt beschäftigten Privatbeamten, Lehrer, Techniker und kaufmännischen Angestellten, sofern ihr Gehalt 2000 Mark nicht übersteigt. Bei höherem Verdienst bis zu 3000 Mark ist diesen Angestellten und Gewerbetreibenden freiwillige Teilnahme erlaubt, sofern sie nicht über 40 Jahre alt sind; auch können Versicherte beim Aufhören der Pflicht die Versicherung fortsetzen oder erneuern. Versicherungsfrei sind Staats- und Gemeindebeamte, denen ein Anspruch auf Ruhegehalt sowie Witwen- und Waisenversorgung zu- steht, ferner Personen des Soldatenstandes, Beamte und Lehrer, die zu ihrer Berufsausbildung gegen Entgelt beschäftigt werden. Die Höhe der Beitrüge richtet sich nach dem Durchschnittseinkommen. Danach sind 5 Lohnklassen aufgestellt von 350 Mark Höchsteinkommen in der untersten bis zu 1150 Mark Mindesteinkommen in der obersten Klasse. Die Beiträge, welche wöchentlich durch Aufkleben einer Marke auf eine tfísf

3. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 48

1912 - Breslau : Hirt
48 Iii. Das Deutsche Reich. Fortbildungs-, Handarbeits- und Haushaltungsschulen muß ihnen ermöglicht werden. Zur Überwachung der Bestimmungen dieses Gesetzes sind Fabrik- und Gewerbe-Inspektoren bestellt. Das Verbot der Vereinigung von gewerblichen Arbeitern sowie der gemeinsamen Arbeitseinstellung zur Erlangung günstigerer Lohn- bcdingnngen ist aufgehoben; doch ist die Ausübung von Zwang bei der gemeinsamen Arbeitseinstellung verboten. In den Rahmen der sozialen Gesetzgebung gehört auch die Fürsorge- Erziehung Minderjähriger, die gebessert oder schlechten Einflüssen entzogen werden sollen. Am Ende des Jahres 1909 befanden sich in Preußen 44000 Personen im Alter bis zu 21 Jahren in Fürsorge-Erziehung; die Aufwendungen dafür überstiegen den Betrag von 9 Millionen. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.

4. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 5

1912 - Breslau : Hirt
I. Staat und Verfassungen im allgemeinen. 1. Entstehung und Zweck des Staates. Der Staat ist die selbständige, dauernde Gemeinschaft einer größeren Anzahl von Menschen, die unter einer höchsten Gewalt und nach fester Ordnung gebildet ist. Die Wurzel des Staates ist das Geschlecht, die Verbindung einer Anzahl von Familien von gemeinsamer Abstammung. Durch Zusammen- schluß von Geschlechtern, mag er freiwillig zu gegenseitiger Hilfeleistung oder durch den Zwang eines oder mehrerer körperlich und geistig hervor- ragender Menschen herbeigeführt sein, sind die ältesten Staaten entstanden. Gemeinsame Sprache und Sitte sind die Kennzeichen des nationalen Staates. Der Zweck des Staates ist die Sicherung gegen äußere Feinde und das Wohl der Gesamtheit wie des Einzelnen, das durch den Schutz des Rechtes sowie durch die Pflege der wirtschaftlichen und geistigen Interessen gefördert wird. Die staatliche Tätigkeit äußert sich auf dem Wege der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. Bei Nomadenvölkern kann von einer festen Staatsordnung nicht die Rede sein; erst die durch geregelten Ackerbau ermöglichte Seßhaftigkeit, das Bedürfnis eines Schutzes für das Eigentum und die Früchte der Arbeit führte zur Bildung von Staaten (vgl. Schillers Eleusisches Fest). Die ältesten Kulturstaaten sind da entstanden, wo die Natur den Ackerbau begünstigte (Ägypten, Mesopotamien, China). 2. Die Berfafsungsformen. Die Geschichte zeigt uns die verschiedensten Formen der Staatsver- fassung. Die älteste geschichtlich bezeugte Form ist das patriarchalische Königtum, welches wir bei dein Volke Israel, in der homerischen Zeit bei den Griechen und bei einem Teile der alten Germanen finden. Der König ist das Haupt eines bevorzugten Geschlechtes; er herrscht kraft der Überlieferung und seines Ansehens, das sich aus großen Grundbesitz, Tapfer- keit im Kriege und Klugheit im Rate gründet. Dieses Königtum trägt zugleich einen theokratischen Charakter: das Königsgeschlecht führt sich auf

5. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 6

1912 - Breslau : Hirt
6 I. Staat und Verfassungen im allgemeinen. göttlichen Ursprung zurück (die Zeus entsprossenen Könige Homers) oder regiert im göttlichen Aufträge (Israel). Der König sucht bei wichtigen Entscheidungen die Zustimmung des aus den Fürsten oder Ältesten be- stehenden Rates. Das Volk wird in dringenden Füllen zur Versammlung berufen und gibt sein Einverständnis durch Zuruf oder Zusammenschlagen der Waffen (bei den Germanen), seinen Unwillen durch Murren kund. Durch Beschränkung (Sparta) oder Beseitigung des Königtums (Athen, Rom) entstand die Form der Adelsrepublik oder Aristokratie. Diese Verfassungsform herrschte in neuerer Zeit in Polen, Venedig und zeitweise in Genua. Die Unzufriedenheit mit dem selbstsüchtigen Regiment des Adels oder den öffentlichen Zustünden überhaupt führte oft eine Mißstimmung bei dem Volke herbei, die von ehrgeizigen Männern zur Begründung einer auf die bewaffnete Macht gestützten Gewaltherrschaft (Tyrannis) benutzt wurde (im Altertum in Griechenland Peisistratos und andere Tyrannen, in Rom Cäsar und Augustus, im Mittelalter die Visconti und Sforza in Mailand, die Medici in Florenz, in der Neuzeit in Frankreich Napoleon I. und Napoleon Iii.). Die Tyrannen oder Usurpatoren suchten ihre Herr- schaft durch wirtschaftliche Hebung des Volkes oder durch kriegerische Er- folge zu sichern. Eine gesetzliche Beschränkung der Rechte des Geburtsadels und eine angemessene Beteiligung des Volkes an der Regierung erstrebte Solon in Athen durch die Abstufung der Rechte und Pflichten nach dem Vermögen (Timokratie). Ihr zu vergleichen ist die sogenannte Germanische Ver- fassung in Rom und das preußische Wahlrecht. Gegenüber dieser Bevorzugung des Besitzes erstrebt die demokratische Republik die völlige Rechtsgleichheit aller Staatsangehörigen ohne Unter- schied der Geburt und des Vermögens. Diese Verfassung hatte Athen zur Zeit des Perikles und Frankreich von 1792—1795. Die Demokratie kann durch das Übergewicht der politisch unreifen Masse zur Ochlokratie oder Pöbelherrschaft entarten, wie in Athen nach dem Tode des Perikles und in Frankreich während der Französischen Revolution. In den Stadtstaaten des Altertums (Athen, Rom in der älteren Zeit) konnte das Volk seinen Einfluß auf die politischen Angelegen- heiten unmittelbar durch Abstimmung ausüben: in den ganze Länder um- fassender: modernen Staaten ist eine solche Volksabstimmung (Plebiszit) nur in besonderen Fällen vorgenommen worden, besonders bei Verfassungs- änderungen (in Frankreich durch Napoleon I. und Iii-, auch in der Schweiz); in der Regel übt das Volk seinen politischen Einfluß durch Wahlen aus, bei denen entweder das allgemeine und gleiche oder eirr beschränktes Wahl- recht gilt. Die Abstimmung kann entweder öffentlich oder geheim sein. Durch geheime Wahl soll die wahre Meinung des Volkes zum Ausdruck kommen und politische Beeinflussung verhindert werden.

6. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 7

1912 - Breslau : Hirt
2. Die Verfassungsformen. 7 Bei den alten Deutschen wurde die Gemeinfreiheit, aus der sich der Adel hervorhob, in den Zeiten der Völkerwanderung fast allgemein durch das Heerkönigtum verdrängt; sie erhielt sich nur bei den Sachsen und Friesen. Die fränkischen Könige, denen die Einigung der germanischen Stämme gelang, erstrebten seit Karl dem Großen eine universale Herr- schaft, die in der Verleihung der römischen Kaiserwürde durch den Papst ihren Ausdruck fand. Dadurch erhielt das deutsche Königtum einerseits einen theokratischen Charakter („üon Gottes Gnaden", ursprünglich im Gegensatz zu dem eigenen Verdienst), andererseits bildete sich der Lehnstaat aus. Es entstand das Landesfürstentum, neben dem die Reichsstädte empor- kamen. So wurde das Reich eine ständisch gegliederte Monarchie; auch in den Einzelstaaten erwarben die Stände, Adel, Geistlichkeit und Städte, wichtige Rechte. Aber im 17. und 18. Jahrhundert entledigten sich Könige und Fürsten der ständischen Fesseln und richteten eine unbeschränkte (abso- lute) Gewalt auf, die vielfach die Kräfte des Volkes zu dynastischen Zwecken mißbrauchte. (Ludwig Xiv.: l'état e'est moi.) Daß der Herrscher nur das Wohl seines Volkes im Auge haben dürfe, haben vor allem die brandenburgisch-prenßischen Herrscher betont. Kurfürst Friedrich I. nannte sich Gottes schlichten Amtmann am Fürstentum, der Große Kurfürst sagte: „Ich will mein Fürstenamt in der Überzeugung führen, daß es nicht meine persönliche Sache, sondern die des Staates ist"; Friedrich der Große bezeichnete den Fürsten als den ersten Diener des Staates. Der Wahl- spruch des aufgeklärten Absolutismus war: „Alles für das Volk, nichts durch das Volk." Hierbei hing alles von dem Charakter des Herrschers ab, wie denn Friedrich der Große selbst sagte: „Die Monarchie ist die beste oder die schlechteste aller Regiernngsformen, je nachdem sie geführt wird." Schon sein Nachfolger blieb hinter dem Vorbild seines Vorgängers weit zurück. Gegen den Absolutismus regte sich auch in Deutschland das Verlangen nach Teilnahme des Volkes an der Regierung und nach einer festen Grundlage des Staatslebens, nach einer Konstitution oder Verfassung, die sich das englische und das französische Volk erkämpft hatten. Das Vaterland der konstitutionellen Monarchie ist England, dessen Verfassung fast in allen europäischen Staaten Nachahmung gefunden hat. Auch diese Verfassung zeigt wieder verschiedene Abstufungen, je nach den Rechten, die der Krone verblieben sind. In England besteht die parlamentarische Regierung, d. h. der König wählt seine Minister aus der Mehrheit des Parlaments. Die parlamentarische Regierung wird durch das^ Wort des stanzösischen Staatsmannes Thiers charakterisiert: »Le roi règne, mais il ne gouverne pas.«

7. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 8

1912 - Breslau : Hirt
Ii. Der Preußische Staat. 1. Die Verfassung. Die Grundlagen der öffentlichen Ordnung im Preußischen Staate sind einerseits die Stein-Hardenbergschen Reformen, andererseits die preu- ßische Verfassung. Der König Friedrich Wilhelm Iv. berief im Revo- lntionsjahr 1848 die preußische Nationalversammlung zur Ausarbeitung einer Verfassung. Als die Versammlung jedoch die königlichen Rechte allzusehr einschränkte, löste der König sie auf und verlieh am 5. Dezember, dem Jahrestage der Schlacht von Leuthen, um sich, wie der große König, „ruhige Winterquartiere" zu verschaffen, aus eigener Kraft eine Verfassung. Diese oktroyierte, d. h. ohne Mitwirkung der Volksvertretung gegebene Ver- fassung ist dann von beiden Häusern des preußischen Landtages angenommen und am 31. Januar 1850 veröffentlicht worden. Dieses preußische Staats- grundgesetz sucht die historischen Rechte des Königtums mit deu Forde- rungen des heutigen politischen Lebens zu vereinigen. 2. Der König. Das Oberhaupt des Staates ist der König. Die Person des Königs ist unverletzlich, d. h. Angriffe gegen die Person des Königs werden nach dem Strafgesetzbuch besonders streng bestraft; der König kann für Regie- rangs- und Privathandlungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Die Verantwortung für seine Regierungshandlungen übernimmt der gegen- zeichnende Minister. Dem König allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die Minister, bestehlt die Verkündigung der Gesetze, die da- durch ihre Geltung erhalten, und erläßt die zu deren Ausführung nötigen Verordnungen. Der König führt den Oberbefehl über das Heer und besetzt alle Stellen im Heere sowie in allen übrigen Zweigen des Staatsdienstes. Er hat das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, auch andere Verträge mit fremden Regierungen zu errichten. Diese bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des Landtages, wenn es Handelsverträge sind, oder wenn durch sie dem Staate Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auferlegt werden. Das Recht der Kriegserklärung und des Friedensschlusses ist jetzt auf das Reich übergegangen; auch Verträge werden jetzt fast nur von Reichs wegen abgeschlossen. Der König hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung, doch zugunsten eines wegen seiner Amtshandlungen angeklagten Ministers ist dies Recht von dem Antrag der Kammer abhängig, von der die An- klage ausgegangen ist. Der König kann eingeleitete Untersuchungen nicht niederschlagen, also nicht in die richterliche Gewalt eingreifen.

8. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 9

1912 - Breslau : Hirt
2. Der König. 9 Dem König steht die Verleihung von Orden und andern mit Vor- rechten nicht verbundenen Auszeichnungen (Titel, Adel) zu. Die große Zahl von Orden und Ehrenzeichen ist begründet in dem Bestreben, die Art des Verdienstes möglichst durch das Ehrenzeichen zum Ausdruck zu bringen, sodann in den Rangunterschieden. 1. Der höchste preußische Orden ist der vor der Krönungsfeier am 17. Januar 1701 gestiftete Schwarze Adlerorden mit der Inschrift »8uum onigue«. Er wird nur an Fürsten und andere hochgestellte Männer verliehen. Mit seiner Verleihung an Bürgerliche ist der erbliche Adel verbunden; die Ritter des Ordens rangieren hinter den Generalfeld- marschällen. 2. Der Orden pour le mérité ist von Friedrich dem Großen für besondere militärische Verdienste gestiftet (König Wilhelm I. hing auf dem Schlachtfelde von Königgrätz seinen eigenen Orden pour le mérite seinem Sohne, dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, um, der durch sein rechtzeitiges Erscheinen den Sieg herbeigeführt hatte). 1842 wurde von Friedrich Wilhelm Iv. eine Friedensklasse für Kunst und Wissenschaft gestiftet. 3. Der Rote Adlerorden ist von den Fürsten von Ansbach und Bayreuth gestiftet und wurde 1792 nach dem Anfall dieser Fürstentümer von Preußen übernommen. Der Rote Adler ist das brandenburgische Wappen. Der Orden zerfällt in 4 Klassen mit besonderen Abzeichen (Schwerter, Eichenlaub, Schleife und Krone). 4. Das Eiserne Kreuz wurde von Friedrich Wilhelmiii. amlo. März 1813, dem Geburtstage der Königin Luise, für hervorragende Tapferkeit in dem bevorstehenden Kampfe mit Frankreich gestiftet und am 19. Juli 1870, dem Tage der französischen Kriegserklärung und zugleich dem Todes- tage der Königin Luise, von König Wilhelm I. in 2 Klassen erneuert. Die Inhaber des Eisernen Kreuzes haben Anspruch auf den militärischen Gruß und beziehen, falls sie unvermögend sind, einen Ehrensold. 5. Der Hohenzollernsche Hausorden für Verdienste um das Kgl. Haus wurde 1851 nach dem Anfall der Hohenzollernschen Lande gestiftet. 6. Der Kronenorden wurde 1861 von König Wilhelm I. gestiftet. Er wird in 4 Klassen verliehen. 7. Der Wilhelm-Orden für hervorragende Verdienste um die Wohl- fahrt und Veredelung des Volkes, besonders auf sozialem Gebiete (1896). 8. Der Verdienstorden der preußischen Krone (1901). 9. Der Luisenorden für Frauen, 1814 gestiftet. 10. Das Verdienstkreuz für Frauen und Jungfrauen, 1871 gestiftet. 11. Die Rettungsmedaille wird für die Rettung eines Menschen aus Lebensgefahr verliehen, wenn diese Tat unter eigener Lebensgefahr des Retters ausgeführt wurde. 12. Das Allgemeine Ehrenzeichen, das auch in Gold verliehen wird. 13. Das Militärehrenzeichen in 2 Klassen, 1864 gestiftet. 14. Die Dienstauszeichnungen für Offiziere, Unteroffiziere und Ge- meine und die Landwehrdienftauszeichnung in 2 Klassen.

9. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 10

1912 - Breslau : Hirt
10 Ii. Der Preußische Staat. 15. Die Rote-Kreuz-Medaille (1898) für Verdienste um die Kran- kenpflege. 16. Der (protestantische) Johanniterorden ist eine adelige Vereinigung zur Förderung der Pflege von Kranken und Verwundeten. Das Ordens- zeichen ist ein weißes Kreuz in schwarzem Felde. Hierzu kommen die Feldzugsmedaillen von 1864, 1866, 1870, für China und Südwest-Afrika, die Zentenarmedaille von 1897 und die Ehe- jubiläumsmedaille, die an würdige Ehepaare bei der goldenen oder diaman- tenen Hochzeit verliehen wird. Ausländische Orden und Titel können nur mit königlicher Genehmi- gung geführt werden. Der König wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig. Er leistet in Gegenwart der beiden Häuser des Landtages das eidliche Ge- löbnis, die Verfassung des Königreichs zu halten und in Übereinstimmung mit ihr und den Gesetzen zu regieren. Eine Krönungsfeierlichkeit hat bis jetzt nur zweimal stattgefunden. Am 18. Januar 1701 krönte sich Friedrich I. in Königsberg zum König in Preußen; dasselbe tat Wilhelm I. am 18. Oktober 1861; ihm war es ein Bedürfnis, das geschichtliche Recht des preußischen Königtums, das in der Revolutionszeit angezweifelt worden war, wieder festzustellen. Der König kann ohne Einwilligung des Landtages nicht zugleich Herrscher fremder Reiche sein. Der König beruft, vertagt und schließt den Landtag. Er kann das Abgeordnetenhaus auflösen, doch müssen innerhalb 60 Tagen Neuwahlen und innerhalb 90 Tagen die Wiedereröffnung des Hauses stattfinden. Die Vertagung darf ohne Zustimmung des Landtages die Zeit von 30 Tagen nicht überschreiten. Die Krone ist den kgl. Hausgesetzen gemäß erblich in dem Mannes- stamme des Kgl. Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der agna- tischen Linealfolge. In Deutschland gilt das sogenannte salische Recht, das auf der Bestimmung der Lex Salica beruht: de terra salica nulla portio in miüiebrem pariern transit. Danach sind Frauen nicht zur Thronfolge berechtigt, überhaupt ist die weibliche Linie ausgeschlossen. Wenn der König nur Töchter hat, so folgt der älteste Bruder des Königs oder, wenn keine Brüder vorhanden sind, der nächste männliche Verwandte. Die kgl. Hausgesetze, von denen das älteste die sogenannte Dispositio Achillea vom Jahre 1473 ist, bestimmen das Recht der Erstgeburt und die Unteilbarkeit der Monarchie. Die agnatische Linealfolge bedeutet, daß von mehreren zur Erbfolge berechtigten Brüdern der älteste und dessen Nachkommenschaft thronberechtigt ist. Das fürstliche Haus Hohenzollern ist in Preußen nicht zur Thronfolge berechtigt. Mit dem Tode des Königs ist sein Nachfolger ohne weiteres König. Wenn der König minderjährig oder sonst dauernd verhindert ist, selbst zu regieren, so übernimmt der der Krone zunächst stehende voll-

10. Kurzgefaßte Staatslehre - S. 12

1912 - Breslau : Hirt
12 Ii. Der Preußische Staat. das Kgl. Hausministerium), besonderer strafrechtlicher Schutz (Strafgesetz- buch tz 394—97) und für die großjährigen Prinzen Anspruch auf einen Sitz im Herrenhause. Dieselben Vorrechte haben die Standesherren, d. h. die ehemals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen, doch ist die Freiheit von der Staatseinkommensteuer gegen Entschädigung aufgehoben. 3. Das Staalsministerium und die übrigen Zentralbehörden. Die Minister sind die verantwortlichen Berater des Königs und bilden die Zentralverwaltungsbehörde des Staates. Die älteste derartige Behörde war der vom Kurfürst Joachim Friedrich 1604 eingesetzte Ge- heime Rat. König Friedrich Wilhelm I. begründete 1723 das General- oberfinanz-, Kriegs- und Domänendirektorinm, das unter dem Vorsitz des Königs tagte und in fünf Departements zerfiel, deren Zuständigkeit teils nach Gegenständen, teils nach Provinzen abgegrenzt war. Daneben wurde zur schnelleren Erledigung gewisser Geschäfte ein bureaumäßig eingerichtetes Kabinettsministerinm geschaffen; ein Überrest davon ist das Militär- und das Zivilkabinett, welche die persönlichen Angelegenheiten bearbeiten; zu ihnen ist noch das Marinekabinett getreten. Eine durchgreifende Änderung brachten die Stein-Hardenbergschen Reformen der Jahre 1808—1810, die im Grunde noch heute maßgebend sind. Die Geschäfte wurden, um der Verwaltung größere Einheit zu ver- leihen, lediglich nach Gegenständen verteilt und einzelnen Ministern über- tragen. Ursprünglich gab es fünf Ministerien: für Auswärtiges, Krieg, Justiz, Finanzen und Inneres; ihre Zahl ist jetzt durch Abzweigungen von dem Ministerium des Innern auf neun gestiegen. Es sind folgende: 1. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, zugleich Auswärtiges Amt des Deutschen Reiches. 2. Das Kriegsministerium. Der preußische Kriegsminister ver- waltet die Angelegenheiten des preußischen Heeres und der mit ihm ver- bundenen Kontingente. Die Rechnung wird auf Kosten des Reiches geführt. 3. Das Justizministerium, die oberste Justizverwaltungsbehörde; eine Einwirkung auf die Rechtsprechung steht ihm nicht zu. 4. Das Finanzministerium, in welchem das Etats- und Kasten- wesen, die direkten und indirekten Steuern bearbeitet werden. Auch die Generalstaatskasse, die Königliche Seehandlung (Preußische Staatsbank), die Hauptverwaltung der Staatsschulden und die in der Not des Sieben- jährigen Krieges gegründete Staatslotterie sind diesem wichtigen Mini- sterium untergeordnet. Mit dem Finanzminister müssen sich die übrigen Minister in betreff des Haushaltplanes ihres Geschäftskreises verständigen.*) *) Die Einnahmen und Ausgaben Preußens belaufen sich im Jahre 1912 auf beinahe 41/2 Milliarden Mark. Die Staatseisenbahnen bringen einen Reinertrag von 226 Millionen, die direkten Steuern beinahe 400 Millionen, die Zölle und indirekten Steuern über 70 Millionen, die Domänen, Forsten und Bergwerke etwa 90 Millionen. Die preu- ßische Staatsschuld beläuft sich auf mehr als 9 Milliarden Mark, die 390 Millionen zur Verzinsung und Tilgung erfordern; ihr steht der Besitz des Staates an Eisenbahnen, Domänen, Forsten, Bergwerken und Salinen mindestens ausgleichend gegenüber.
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